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Der Mann ist ein bisschen komisch, aber ein Genie

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Der Kryptologe André Langie knackte im Ersten Weltkrieg wichtige Verschlüsselungen. Das Schweizer Fernsehen hat ihm nun eine spannende Dokumentation gewidmet.

Es kommt leider nur selten vor, dass das Fernsehen über Kryptologie und deren Geschichte berichtet. Wenn doch, dann geht es meist um Themen wie die Enigma oder das Voynich-Manuskript, die Kryptologie-Interessierten bereits bekannt sind. Neues habe ich im Fernsehen dagegen selten gelernt.

Um so erstaunlicher ist es, dass das Schweizer Fernsehen nun eine Dokumentation über einen Kryyptologen gesendet hat, über den in der Literatur nur wenig zu finden ist: André Langie (1871-1961). Dabei macht mich eine Sache zugegebenermaßen etwas stolz: Vor dieser Dokumentation war im Internet nur eine Quelle zu finden, in der man etwas über Langie erfuhr – zwei Artikel auf Klausis Krypto Kolumne (hier und hier). Wie Sie diesen Artikeln entnehmen können, wusste ich nur wenig über Langie, außer dass dieser ein sehr gutes Buch und ein scheinbar ungelöstes Krypto-Rätsel hinterlassen hat. Auch sein Todesjahr war mir nicht bekannt.

Die Schweizer Dokumentation hat den Titel Der Landesverrat (hier ist die Dokumentation in der Mediathek). Darin und in einem begleitenden Artikel erfährt man viele Dinge, die ich bisher über Langie nicht wusste.

Langie-Depeche

Langie knackte im Ersten Weltkrieg verschlüsselte russische Telegramme. Zwei Schweizer Offiziere, die Langies Ergebnisse zu Gesicht bekamen, verrieten diese an die Deutschen, mit denen sie sympathierten. Ein solcher Geheimnisverrat wurde üblicherweise mit dem Tode bestraft, doch Ulrich Wille, der Vorgesetzte der beiden Verräter, sympathisierte ebenfalls mit den Deutschen und verhinderte eine Bestrafung. Mit der Zeit durchschaute Langie, für wen er wirklich arbeitete. Dies brachte ihn in Gewissensnot, denn einerseits hätte er seinen Verdacht melden müssen, doch andererseits hätte er damit seinen Vorgesetzten Wille ans Messer geliefert. Bis heute ist diese Geschichte als “Obersten-Affäre” bekannt.

Wer mehr wissen will, sollte sich die Dokumentation ansehen. Ich hoffe, dass das Fernsehen zukünftig noch deutlich mehr derartige Dokumentationen ins Programm nimmt.

Zum Weiterlesen: Langie-Kryptogramm: Ein ungelöstes Krypto-Rätsel aus dem Jahr 1918

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Makaberes Krypto-Rätsel sorgt für Furore

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Ein zweiminütiges Video, das eine maskierte Person zeigt, enthält offensichtlich einige kodierte Botschaften. Es ist nicht klar, was dieses düstere Video-Rätsel zu bedeuten hat und von wem es stammt.

Die Geschichte begann, als ein gewisser Johny vom Technik-Forum „GadgetZZ.com“ eine CD aus Polen zugeschickt bekam. Darauf befand sich eine Datei, die sich als zweiminütiges Video entpuppte (danke an Tobias Schrödel und Christian Bauer für ihre Hinweise). Johny hat dieses Video inzwischen auf YouTube gestellt.

Das Video zeigt eine Person mit Schnabelmaske (solche wurden früher von Pestärzten getragen). Sowohl der Ton des Videos als auch die Gesten der maskierten Person enthalten mutmaßlich kodierte Botschaften. Der blinkende Handschuh soll die Morse-Nachricht RED LIPS LIFE TENTH darstellen. Einige Leser wollen die GPS-Koordinaten des Weißen Hauses im Video entdeckt haben. Im Soundteil soll außerdem folgende Bilddatei enthalten sein:

Black-Mask-Sound

In diesem Bild soll eine Frau zu erkennen sein, die gefoltert wird.

Bisher ist ziemlich unklar, was hinter dem GadgetZZ-Rätsel steckt. Denkbar wäre ein PR-Gag, der irgendwann aufgelöst wird. Die Produktionskosten des Videos waren vermutlich gering, daher könnte es sich auch um die Aktion eines Witzbolds handeln, der keine besonderen Ziele verfolgt.

Auf Reddit gibt es eine lebhafte Diskussion zum Thema.

Auf Klausis Krypto Kolumne habe ich schon öfters derartige Rätsel vorgestellt. So entpuppten sich die geheimen Botschaften an der Universtät London (Kanada) als Kunstaktion. Die ominösen Webdriver-Torso-Videos auf YouTube wurden irgendwann als harmlose Testvideos identifiziert. Noch ungelöst sind das A858-Rätsel auf Reddit und Cicada 3301.

Zum Weiterlesen: Für eine neue Verschlüsselung zum Schatz von Forrest Fenn?

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Wer löst diese Kurzschrift-Nachricht aus dem Dritten Reich?

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In den Dreißiger-Jahren benötigte ein Eisenbahn-Ingenieur einen Arier-Nachweis. Auf einer Notiz dazu findet sich eine Botschaft in Kurzschrift, deren Inhalt man nur versteht, wann man das Gabelsberger-System beherrscht.
“Meine Großeltern schrieben sich gegenseitig Kurznachrichten in Gabelsberger-Steno, wenn nicht jeder (vor allem die Kinder), das Geschriebene sofort lesen können sollte”, schrieb mir vor Kurzem Blog-Leser Gert Brantner. Ein Beispiel hat mir Herr Brantner gleich mitgeschickt.
Brantner-Kurzschrift-2
Weiter schreibt Herr Brantner:
Mein Großvater war Ingenieur bei der Deutschen Reichsautobahn und lebte zuerst in Görlitz, dann bis 1937 in Dresden. Weil er und seine Frau Beamte waren und bleiben wollten, mußte er einen Arier-Nachweis für beide erbringen. Die Notizen oben befassen sich mit den Vorfahren seiner Frau in Freiberg/Mähren und Mährisch-Trübau. Unter einem Trennstrich findet sich die scheinbar hastig geschriebene Notiz:
Eichwalde bei Berlin
Spree Straße 7

Meinen Recherchen nach muss es sich dabei um den ehemaligen Bahnhof Eichwalde handeln, der die Görlitzer Bahn an das Berliner S- & Straßenbahn-Netz anschloß. Die Spreestraße liegt in Niederschöneweide
(per S-Bahn erreichbar). Darunter eine Notiz in Gabelsberger-Kurzschrift, die ich leider nicht entziffern kann.

Leider kann ich die Kurzschrift selbst auch nicht lesen. Kann ein Leser mit Gabelsberger-Kenntnissen weiterhelfen?

Zum Weiterlesen: Ungelöste Verschlüsselung aus dem 19. Jahrhundert: Bibliothek bietet 1000 Dollar Belohnung

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Die rätselhaften Runen von Himmelsrand

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Im Computer-Rollenspiel “The Elder Scrolls V: Skyrim” tauchen seltsame Zeichen auf, deren Bedeutung seit Jahren ohne Ergebnis diskutiert wird. Kann ein Leser dieses Blogs Licht ins Dunkel bringen?
Heute geht es um ein kryptologisches Rätsel, auf das mich dankenswerterweise Blog-Leserin Kathleen Hellbarth aufmerksam gemacht hat. Sie hat mir vor einigen Tagen folgendes geschrieben:

Im Videospiel “The Elder Scrolls V: Skyrim” aus dem Jahr 2011 tauchen rätselhafte Runen auf. In der riesigen Spielewelt gibt es fünf Gläser zu finden, die jeweils ein Insekt beinhalten (Schmetterling, Biene, Motte… ). Diese Gläser scheinen zu nichts gut zu sein, außer sie irgendwo hinzustellen. Dreht man sie aber, sodass man unter den großen Korken des Glases sehen kann, entdeckt man dort seltsame Zeichen. Es gibt verschiedenste Theorien dazu – von versteckten Quests bis hin zu einem Ingame-Ritual. Bisher ist jedoch keine Lösung bekannt, und das Entwicklerstudio Bethesda hat sich nicht dazu geäußert. Einige der Theorien sind hier zu finden.

Skyrim-cryptogram

Zugegebenermaßen kannte ich dieses Spiel bisher nicht. Bei Wikipedia kann man folgendes dazu lesen: “The Elder Scrolls V: Skyrim ist ein Computer-Rollenspiel, das [...] am 11. November 2011 [...] veröffentlicht wurde. Es ist der fünfte Teil der Bethesda-Rollenspielreihe The Elder Scrolls und spielt in der namensgebenden Provinz Skyrim (in der deutschen Übersetzung „Himmelsrand“ genannt). [...] Mit über zwanzig Millionen verkauften Kopien gehört es zu den zwanzig meistverkauften Spielen aller Zeiten.”

Kathleen Hellbarth schreibt weiter:

Ich selbst glaube, dass es sich entweder um einen Insider-Gag der Entwickler handelt oder um das Überbleibsel einer Quest, die für die finale Version dann doch herausgeschnitten wurde, obwohl ich Bethesda auch zutrauen würde, ein “riesen Ding” dahinter zu verbergen, nachdem ich in einer gut versteckten Höhle, für die ich durch verschiedene, ewig lange Dungeons musste, eine an der Decke schwebende Lichtkugel mit einem bestimmten Drachenschrei anbrüllen musste, damit ein geheimer Drache erscheint.

Auf der Theorien-Web-Seite werden acht Erklärungsmöglichkeiten besprochen und einige verworfen. Findet ein Leser mehr zu diesem Rätsel heraus?

Zum Weiterlesen: Für eine neue Verschlüsselung zum Schatz von Forrest Fenn?

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Wer knackt die verschlüsselte Nachricht an Präsident Roosevelt?

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1935 erhielt US-Präsident Franklin D. Roosevelt einen verschlüsselten Brief von einem anonymen Absender. Meines Wissens ist der Hauptteil dieses Briefs noch ungelöst.

US-Präsident Franklin D. Roosevelt litt an Kinderlähmung (oder einer Krankheit, die man damit verwechselte). Er war auf einen Rollstuhl angewiesen und konnte nur mit größter Mühe ein paar Schritte zurücklegen. Obwohl Roosevelt sein Gebrechen nicht öffentlich machte und die Presse dies respektierte, war die Behinderung des Präsidenten kein wirkliches Geheimnis.

Roosevelt-Wheelchair

1935 erhielt Roosevelt einen anonymen, verschlüsselten Brief, der sich wie folgt las:

NDOIMDEYLOAUEETVIEBR?

Liest man nur jeden zweiten Buchstaben, dann ergibt sich folgender Klartext: DID YOU EVER BITE A LEMON?

Vermutlich wollte der Verfasser des anonymen Schreibens darauf aufmerksam machen, dass man Kinderlähmung seiner Meinung nach mit Vitamin C bekämpfen konnte. Diese Ansicht war damals recht populär, stellte sich jedoch später als falsch heraus. In Klausis Krypto Kolumne habe ich sowohl den verschlüsselten Text als auch die Lösung (gefunden von Max Baertl und Richard SantaColoma) vorgestellt.

Letzte Woche war ich beim NSA Cryptologic History Symposium in Fort Meade (USA). Es war, wie immer, eine fantastische Veranstaltung mit vielen interessanten Vorträgen, auf die ich in meinen Blog-Einträgen noch einige Male zurückkommen werde. Quasi nebenbei fiel mir dabei das Buch The Friedman Legacy: A Tribute to William and Elizebeth Friedman in die Hände, das kostenlos auslag. William Friedman war ein genialer Codeknacker in Diensten des US-Militärs. An ihn wurde das besagte anonyme Schreiben zwecks Dechiffrierung weitergeleitet.

Auf Seite 13 des Buchs findet sich folgendes Bild:

Roosevelt-letter

Offensichtlich handelt es sich hierbei um einen Scan des anonymen Schreibens. Einen solchen hatte ich zuvor noch nie gesehen. Die zwei untersten Zeilen sind klar. NDOIM… ist das oben genannte Kryptogramm, darauf folgt im Klartext OR ELSE YOU DIE.

Der obere Teil des Briefs war mir dagegen bisher nicht bekannt. Transkribiert lautet er:

1721’01’51’71’9 2’17’68 3’2 3’32’03’7 000000 1’62’71’23’43’8
2’8 2’2 3’9 4’04’14’24’84’4 000000 9 31’3000 1’8 42’32’4000
4’62’93’5 5’154’34’700 0 61’13’65’05’23’04’94’52’53’11’4 -

Die Lösung dieses Kryptogramms wird im genannten Buch nicht gegeben. Auch sonst habe ich keine Informationen dazu.

Kann jemand diesen ungewöhnlichen verschlüsselten Text knacken? Kann man die Lösung vielleicht sogar irgendwo nachlesen?  Sachdienliche Hinweise nehme ich gerne entgegen.

Zum Weiterlesen: Wie ein Mathematiker einen Geheimcode aus dem Nachlass von US-Präsident Jefferson knackte

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Kryptos-Skulptur: Die neueste Spur findet sich auf einer Garagen-Einfahrt

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Die Inschrift der Skulptur Kryptos ist eine der bekanntesten ungelösten Verschlüsselungen der Welt. Letzte Woche hatte ich die Gelegenheit, den Schöpfer von Kryptos und einige weitere Leute aus der Kryptos-Szene zu treffen. Dabei wurde klar: Die Garagen-Einfahrt eines Kryptologen könnte einen wichtigen Hinweis enthalten.

Die Skulptur Kryptos steht auf Platz 14 in meiner Liste der bedeutendsten Verschlüsselungsrätsel. Das Kunstwerk des US-Künstlers Jim Sanborn, das seit 1989 vor dem Gebäude der CIA in Langley (USA) steht, ist mit insgesamt 869 Buchstaben beschriftet. Inzwischen weiß man, dass sich dahinter vier verschlüsselte Nachrichten verbergen. Drei davon sind gelöst, die vierte wartet immer noch auf ihre Entschlüsselung.

Kryptos

Bild: Jim Sanborn/CC-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported

Obwohl der Kryptos-Text keine besondere Geschichte hat, gilt er inzwischen als eines der bekanntesten ungelösten Kryptogramme überhaupt. Hier ist der noch ungelöste Teil:

                          ?OBKR
UOXOGHULBSOLIFBBWFLRVQQPRNGKSSO
TWTQSJQSSEKZZWATJKLUDIAWINFBNYP
VTTMZFPKWGDKZXTJCDIGKUHUAUEKCAR

Inzwischen ist nach diversen Hinweisen von Jim Sanborn bekannt: Die Buchstabenfolge NYPVTTMZFPK (beginnend in der zweiten Zeile) steht für BERLINCLOCK. Die verwendete Verschlüsselungsmethode soll von Hand ausführbar sein. Sie beinhaltet angeblich zwei Schritte, von denen einer als “Maskierung” dient.

Der Kryptos-Workshop

Letzte Woche fand (im Anschluss an das NSA Cryptologic History Symposium) ein Treffen von Kryptos-Interessierten statt. Organisiert wurde es von der US-Spieleentwicklerin und Kryptologie-Expertin Elonka Dunin, die als weltweit führende Kryptos-Expertin gilt.

Zunächst gab es einen Workshop, der im Haus von Ed Scheidt in McLean bei Washington abgehalten wurde. Scheidt ist ein ehemaliger CIA-Kryptologe. Er beriet den Kryptos-Schöpfer Jim Sanborn beim Erstellen der verschlüsselten Inschrift. Er kennt daher die Lösung oder hat zumindest wichtige Insider-Informationen – er verriet aber (wieder einmal) nichts.

Wer will, kann sich den Workshop auf dem folgenden Video anschauen (vielleicht entdeckt ja jemand einen versteckten Hinweis auf die Lösung in Scheidts Ausführungen):

Immerhin zwei neue Erkenntnisse brachte der Workshop. Zum einen sind auf Ed Scheidts Garagen-Einfahrt zwei seltsame Symbole angebracht:

Kryptos-Scheidt-Drive

Haben diese Symbole eine Bedeutung? Bilden sie gar den Schlüssel zur Lösung? Bisher ist das völlig unklar.

Die zweite neue Erkenntis ergab sich aus einem Kryptos-Modell, das Ed Scheidt beim Workshop auf dem Tisch platziert hatte.

Kryptos-2015-020

Dieses Modell ist anscheinend älter als die Skulptur selbst. Besonders interessant: Die Inschrift entspricht nicht der echten Kryptos-Inschrift. Stattdessen ist das Wort GIRASOL darauf angebracht. “Girasol” ist Spanisch und heißt “Sonnenblume”. Meines Wissens hat bisher niemand untersucht, ob GIRASOL bei der Lösung des Kryptos-Texts eine Bedeutung hat.

Das Kryptos-Dinner

Nach dem Workshop gab es ein gemeinsames Abendessen (Kryptos-Dinner), zu dem noch weitere Leute stießen – darunter auch der Kryptos-Schöpfer Jim Sanborn. Ich nutzte die Gelegenheit zu einem Selfie mit dem Künstler.

Kryptos-2015-010

Auch Elonka Dunin ließ sich mit Sanborn fotografieren:

Kryptos-2015-030

Doch auch das gemeinsame Anstoßen brachte nichts. Jim Sanborn schwieg bezüglich der Kryptos-Lösung wieder einmal wie ein Grab.

Zum Weiterlesen: Neuer Hinweis zur Kryptos-Skulptur: Die Spur führt zu einer Uhr in Berlin

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Ungelöst: Die verschlüsselte Nachricht eines Räubers

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Ein verschlüsseltes Telegramm aus dem Jahr 1916 könnte dazu beitragen, ein Verbrechen aufzuklären. Die Chancen, es zu knacken, stehen vergleichsweise gut.

Am 27. Juni 1916 überfiel ein Unbekannter einen Fahrkarten-Schalter der Western Ohio Railway in Lima (US-Bundesstaat Ohio). Der Räuber zwang einen Angestellten mit vorgehaltenem Revolver, ihm den Inhalt des Tresors auszuhändigen. Er entkam mit 265 Dollar.

NSA-Symposium-08-Ohio

Am 3. Juli 1916 veröffentlichte die Lokalzeitung Lima Times Democrat einen verschlüsselten Text, den ein Leser der Redaktion zur Verfügung gestellt hatte. Es sei von höchster Wichtigkeit, dieses Rätsel zu lösen, hieß es im Artikel. Der Grund für die Wichtigkeit wurde nicht genannt, genausowenig wie der Name des Lesers. Das Kryptogramm lautete wie folgt:

WAS NVKVAFT BY AAKAT TXPXSCK UPBK TXPHN OHAY YBTX CPT MXHG WAE SXFP ZAVFZ ACK THERE FIRST TXLK WEEK WAYX ZA WITH THX.

Einige Wochen später veröffentlichte auch das Magazin Enigma (herausgegeben von der National Puzzlers‘ League) das Ohio-Kryptogramm (Ausgabe August 1916). Der ziemlich kurze Artikel hatte folgenden Wortlaut:

The police department of Lima, O., is greatly puzzled over a cryptic message received in connection with the robbery of a Western Ohio ticket agent. Here it is: WAS NVKVAFT …

Nun war klar: Das Ohio-Kryptogramm hatte einen Bezug zum Ticketschalter-Raub. Welche Verbindung es zwischen Raub und Kryptogramm gab, ist nicht bekannt. Fest steht: Das Ohio-Kryptogramm ist bisher nicht gelöst. Vor über zwei Jahren habe ich schon ein mal darüber berichtet (in meiner Serie über die Top-25 der ungelösten Verschlüsselungen). Zodiac-Killer-Experte David Oranchak hatte mich dankenswerterweise auf diesen spannenden Fall aufmerksam gemacht.

Meiner Vermutung nach ist das Ohio-Kryptogramm ein verschlüsseltes Telegramm. Vielleicht hat es der Räuber vor oder nach seiner Tat verschickt. Telegramme wurden damals oft verschlüsselt. Meist nutzte man Codebücher dafür. In einem Codebuch steht für jedes Wort einer Sprache sowie für jeden Buchstaben jeweils ein Codewort. Das folgende Bild zeigt eine typische Codebuch-Seite:

Codebook-Page-2

Ist auch das Ohio-Kryptogramm mit einem Codebuch verschlüsselt? Das ist durchaus möglich, auch wenn die unterschiedlichen Wortlängen sicherlich nicht typisch sind.

Einige der Wörter im Ohio-Kryptogramm sind im Klartext belassen – eine durchaus übliche Vorgehensweise. Sie sind im folgenden Bild rot markiert.

Ohio-marked

Sollte der Verfasser des Ohio-Kryptogramms tatsächlich ein Codebuch verwendet haben, dann könnte man mit diesem die Verschlüsselung lösen.

Schon zweimal in der Geschichte von Klausis Krypto Kolumne konnte ich über Codebücher berichten, die ausfindig gemacht wurden. So fand der griechische Krypto-Experte Christos Triantafyllopoulos das US-Codebuch, das ich bis dahin nur unter dem von den deutschen Codeknackern verwendeten Namen TELWA-Code gekannt hatte. Und der Blog-Leser Robert fand das Codebuch, mit dem ein Bergsteiger 1924 das Scheitern der Mount-Everest-Besteigung nach London gemeldet hatte.

Findet auch jemand das Codebuch, mit dem das Ohio-Kryptogramm verschlüsselt worden ist? Oder ist der Codebuch-Ansatz falsch, und wir müssen nach anderen Methoden Ausschau halten? Hinweise nehme ich gerne entgegen.

Wer tiefer einsteigen will, sollte die Artikel von Nick Pelling zum Thema lesen.

Zum Weiterlesen: Rayburn-Kryptogramm: Die verschlüsselte Nachricht eines Mörders?

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Wer knackt diese Verschlüsselung aus dem “Geheimen Tagebuch” von Johann Caspar Lavater

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Der Gelehrte Johann Caspar Lavater (1741-1801) hatte Sinn für Humor. Außerdem hinterließ er zwei verschlüsselte Botschaften, von denen eine noch ungelöst ist.

Mit seltsamen Büchern hat man es in der Kryptologie häufiger zu tun – man denke etwa an das Voynich-Manuskript. Das 1771 erschienene Werk Geheimes Tagebuch. Von einem Beobachter Seiner Selbst von Johann Caspar Lavater (1741-1801) ist ein weiteres.

Lavater war ein Schweizer Pfarrer, Philosoph und Schriftsteller. Er wurde vor allem für seine Betrachtungen zur Physiognomik bekannt. In dieser “Wissenschaft” geht es darum, aus den Gesichtszügen eines Menschen auf den Charakter zu schließen. Aus heutiger Sicht sind Lavaters Betrachtungen nicht mehr als Unfug, der obendrein noch dem Rassismus Vorschub geleistet hat.

Das besagte Geheime Tagebuch von Lavater ist dagegen deutlich weniger bekannt. Dabei handelt es sich um ein Werk, das ohne Lavaters Einverständnis veröffentlicht wurde. Hier ist eine Online-Version davon. Es wurde anonym veröffentlicht. Der Herausgeber weist im Vorwort darauf hin, dass einige Passagen unkenntlich gemacht wurden, um die Identität des Autors nicht zu verraten.

Zwei verschlüsselte Passagen finden sich im Geheimen Tagebuch. Hier ist die erste (S. 130):

Lavater-Tagebuch

Sven Lüdemann hat dieses Kryptogramm im Jahr 2013 gelöst. Wenn man die griechischen Buchstaben weglässt, dann erhält man: VALENT OMNES LITERAE NUR DIE GRICHYSCHEN NICHT. Das bedeutet wohl: “Alle Buchstaben zählen, nur die griechischen nicht.” Einen gewissen Sinn für Humor kann man Herrn Lavater wohl nicht absprechen.

Hier ist die zweite verschlüsselte Stelle (S. 174):

Lavater-Tagebuch-2

Transkribiert lautet diese:

woeok 3 diu 5 Tfmufowf 6 ofskt x dif 5 Sfk 2 Af 3 Ko _ Nks 14 Yfsw 2 Pshf + Csbdiui + bu +

Kann jemand dieses Kryptrogramm lösen? Oder ist die Lösung vielleicht sogar schon bekannt? Es gibt eine Menge nichtkryptologische Literatur über Lavater, die ich zugegebenermaßen noch nicht genauer angeschaut habe. Im Internet habe ich nchts zu diesem Kryptogramm gefunden. Weiß ein Leser mehr?

Zum Weiterlesen: Soldaten-Tagebuch nach 150 Jahren entschlüsselt

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Der Fall Debosnys: Vier ungelöste Verschlüsselungen eines möglichen Serienkillers

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Henry Debosnys (1836-1883) brachte angeblich seine Frau um und wurde deshalb hingerichtet. Er hinterließ mehrere verschlüsselte Texte, die nie gelöst wurden. Dieser bisher wenig bekannte Fall, über den ich im Februar erstmals berichtet habe, zieht nun weitere Kreise.

Henry Debosnys (Jahrgang 1836) war ein Franzose, der in den USA lebte. Im Frühling des Jahres 1882 kam er aus Philadelphia per Schiff nach Essex, einem kleinen Dorf am Hudson River im Norden des Staats New York. Debosnys war ein gebildeter Schöngeist, der sechs Sprachen sprach, malte und Gedichte schrieb. Bei Frauen kam er bestens an.

Debosnys-Lego-010

In einer Witwe namens Elizabeth Wells fand Debosnys innerhalb von Wochen eine Geliebte, die er schon nach kurzer Zeit heiratete. Doch das Glück währte nicht lange. Bereits zwei Monate nach der Hochzeit wurde Mrs. Debosnys tot aufgefunden – erschossen und mit durchgeschnittener Kehle.

Debosnys war naturgemäß der Hauptverdächtige und wurde festgenommen. Doch er bestritt die Tat. Außerdem behauptete er, dass “Henry Debosnys” nicht sein richtiger Name war, ohne über seine wahre Identität Auskunft zu geben. Schon vor seiner Ankunft in Essex hatte er mindestens zweimal geheiratet. Die beiden Frauen waren unter merkwürdigen Umständen gestorben. War Debosnys also ein Serienkiller? Das Gericht verhandelte nur den Mord an seiner letzten Frau und sah seine Schuld als erwiesen an. 1883 wurde er gehenkt.

Debosnys-Lego-030

Während seiner Haft hatte Debosnys zahlreiche Bilder, Gedichte und Texte angefertigt. Außerdem hatte man ihm einige Unterlagen aus seinem Besitz ins Gefängnis geliefert. In diesem Fundus fanden sich vier verschlüsselte Texte. Sie sind bis heute ungelöst.

Die nahezu einzige Quelle zum Fall Debosyns ist das Buch Adirondack Enigma von Cheri L. Farnsworth aus dem Jahr 2011 (aus diesem stammen auch die Bilder von den Kryptogrammen, die Originalquelle ist die Brewster Memorial Library). Mit meinen beiden Blog-Artikeln (hier und hier) zu Debosnys im Februar dieses Jahres habe ich diese Geschichte erstmals in der Krypto-Szene bekannt gemacht. Nun ist auch ein Focus-Online-Artikel von mir dazu erschienen. Aus diesem Anlass will ich noch einmal auf diesen Fall eingehen.

Vier verschlüsselte Texte

Debosnys hat insgesamt vier Kryptogramme hinterlassen. Hier ist die Nummer 1:

Debosnys-Cryptogram-1

Und hier die Nummer 2 (in zwei Teilen):

Debosnys-Cryptogram-2a

Debosnys-Cryptogram-2b

Hier kommt Nummer 3:

Debosnys-Cryptogram-3

Und schließlich die Nummer 4 (in zwei Teilen):

Debosnys-Cryptogram-4a

Debosnys-Cryptogram-4b

Inzwischen sind auch andere Krypto-Experten auf den Fall Debosnys angesprungen. Nächstes Jahr wird voraussichtlich ein Buch erscheinen, in dem die Debosnys-Kryptogramme genauer untersucht werden. Außerdem hat der britische Kryptogramm-Experte Nick Pelling kürzlich in seinem Blog darüber berichtet. Pelling hat dieses Rätsel zudem in seine Cipher Foundation aufgenommen, ein (noch junges, aber interessantes) Projekt, in dem es um die Untersuchung bekannter historischer Verschlüsselungen geht.

Was bedeutet H.D.D.L.M.F?

In seinem Blog-Artikel weist Nick Pelling auf eine Buchstabenfolge hin, die in den Text des zweiten Kryptogramms (erster Teil) eingebettet ist:

Debosnys-hddlmf

Die ersten drei Buchstaben stehen offensichtlich für Henry Delectnack Debosnys. Die Striche unter den Buchstaben geben anscheinend die Zahl der verbleibenden Buchstaben im abgekürzten Wort an (bei HENRY sind es beispielsweise vier Striche, da nach dem H noch vier Buchstaben verbleiben). Was aber bedeutet L.M.F.? Unter diesen Buchstaben sind sechs, sechs und fünf Striche angebracht, es müsste sich also um Wörter mit sieben, sieben und sechs Buchstaben handeln. Hat jemand eine Idee?

Es gibt noch einige weitere Ansatzpunkte zur Untersuchung der Debosnys-Kryptogramme. Diese werde ich bei Gelegenheit in Klausis Krypto Kolumne vorstellen.

Zum Weiterlesen: Wer knackt diese Verschlüsselung aus dem Bonner Stadtarchiv?

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Wer löst diese verschlüsselte Postkarte aus dem Jahr 1901?

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Vor 114 Jahren schickte ein unbekannter Absender eine verschlüsselte Postkarte von Offenburg nach Rostock. Schafft es jemand, den Code zu knacken?

Verschlüsselte Postkarten habe ich in Klausis Krypto Kolumne schon einige vorgestellt. Mit nur einer Ausnahme (siehe hier) haben meine Leser alle gelöst. Meist waren es Liebesgrüße, die auf diese Weise übermittelt wurden, und meist war der Absender ein Mann.

Heute geht es um ein Postkarten-Rätsel, das mir dankenswerterweise Ralf Gieringer aus Gilching zur Verfügung gestellt hat. Herr Gieringer betreibt die (sehr schön gemachte) Webseite Offenburger Ansichtskarten, auf der auch eine Ansichtskarte von 1901 mit einer verschlüsselten Botschaft abgebildet ist. Hier ist sie:

Postcard-Offenburg-Rostock-pic

Und hier ist die andere Seite:

Postcard-Offenburg-Rostock-add

Die Empfängerin ist ein Fräulein Marie Griesberg in Rostock. Der Name des Absenders ist nicht verschlüsselt, aber schwer zu lesen. Er könnte “C. Plasch” geheißen haben. Der oben erwähnten Liebes-Hypothese folgend dürfte es sich um einen Mann gehandelt haben. Vermutlich war Marie Griesberg seine Geliebte (am Titel “Fräulein” erkennt man, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht verheiratet war).

Schafft es jemand, die Verschlüsselung zu knacken?

Vermutlich handelt es sich um eine Buchstabenersetzung. Möglicherweise steht ein Punkt bzw. ein Komma für einen Wortzwischenraum. Falls das der Fall ist, fällt in der zweiten Zeile ein Wort mit dem außergewöhnlichen Muster ABACC ins Auge. Dummerweise gibt es (laut der Software CrypTool) kein Wort in der deutschen Sprache mit diesem Muster. IGITT wäre eine Möglichkeit, die das Programm nicht gefunden hat. Kennt jemand weitere Wörter, die passen?

Oder findet jemand einen anderen Ansatzpunkt? Hinweise nehme ich, wie immer, gerne entgegen.

Zum Weiterlesen: Zwei Postkarten, die ein I für ein J vormachen

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GRANIT: Das Verschlüsselungsverfahren, das Kanzler-Spion Günter Guillaume zu Fall brachte

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Der bekannteste Spion der deutschen Geschichte stolperte über eine verschlüsselte Nachricht. Dabei war das Verfahren, das er verwendete, nicht das schlechteste.

Mitte der fünfziger Jahre gelang es den Codeknackern der Zentralstelle für das Chiffrierwesen (ZfCh) in Bonn, einige verschlüsselte Funksprüche aus der DDR zu dechiffrieren. Diese Funksprüche waren mit einem handelsüblichen Radiogerät zu empfangen – so kommunizierten damals die Geheimdienste mit ihren Agenten.

Doch die ermittelten Klartexte gaben nicht viel her. Am interessantesten erschienen noch zwei Geburtstagsgrüße aus dem Jahr 1956 sowie ein Glückwünsch zur Geburt eines Sohns im Jahr darauf. Offensichtlich waren diese Mitteilungen für ein Agentenehepaar in der Bundesrepublik bestimmt, das für die DDR spionierte. Nach diesen Leuten zu fahnden, erschien allerdings aussichtslos. Die DDR schleuste zu diesem Zeitpunkt Agenten gleichsam nach dem Gießkannen-Prinzip in die Bundesrepublik ein und hoffte, dass einige davon irgendwann Zugang zu geheimen Daten haben würden. Das gesuchte Ehepaar konnte daher praktisch überall im Bundesgebiet leben und beschäftigt sein.

16 Jahre später fiel dem Verfassungsschutz auf, dass in mehreren Spionagefällen ein Mitarbeiter von Bundeskanzler Willy Brandt als Randfigur auftauchte: Günter Guillaume. Routinemäßig holte man daraufhin die dechiffrierten Mitteilungen aus den fünfziger Jahren aus der Schublade und glich sie mit den Daten Guillaumes ab. Und tatsächlich: Die beiden Geburtstagsgrüße passten zu den Geburtsdaten des Brandt-Vertrauten und dessen Frau. Außerdem hatten die beiden einen Sohn, der am passenden Tag des Jahres 1957 geboren worden war.

Der Verfassungsschutz ließ Guillaume nun rund um die Uhr observieren. Doch dieser bemerkte schnell, dass etwas nicht stimmte. Vor seiner Haustür parkte ein Wohnmobil, dessen Insassen sich regelmäßig ablösten. Auf einer Urlaubsreise fiel ihm mehrfach ein Verfolger im Rückspiegel auf. Der Verfassungsschutz befürchtete nun, Guillaume würde sich in die DDR absetzen. Doch für eine Verhaftung erschien es noch zu früh. Außer ein paar dechiffrierten Funksprüchen hatte man kaum etwas in der Hand.

Am 24. April 1974 setzte der Verfassungsschutz alles auf eine Karte: Günter Guillaume wurde trotz fehlender Beweise verhaftet. Die Ermittler hatten Glück. Anstatt alles abzustreiten, empfing der Spion die Verfassungsschützer mit den Worten: „Ich bin Offizier der Nationalen Volksarmee der DDR und Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Ich bitte, meine Offiziersehre zu respektieren“. Dies kam einem Geständnis gleich. Guillaume wurde zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Ironie des Schicksals: Die Geburtsdaten, die dem Spionage-Ehepaar zum Verhängnis geworden waren, waren falsch. Es handelte sich um die fiktiven Daten, die in den falschen Papieren der beiden standen.

Der Doppelwürfel

Das Verschlüsselungsverfahren, das die Stasi zur Kommunikation mit den Guillaumes genutzt hatte, war eine Variante des Doppelwürfels. Für dieses Verfahren benötigt man nur Papier und Stift. Dennoch gilt es als äußerst sicher. In Klausis Krypto Kolumne bin ich schon öfters darauf eingegangen.

Der Doppelwürfel erfordert zwei Schlüsselwörter. Als erstes Schlüsselwort verwenden wir im folgenden Beispiel KATZE. Der Klartext sei: ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG. Im ersten Schritt wird der Klartext wie folgt unter das Schlüsselwort geschrieben:

K A T Z E
---------
A L L E S
G U T E Z
U M G E B
U R T S T
A G

Als nächstes werden die Spalten dieser Tabelle so vertauscht, dass die Buchstaben des Schlüsselworts alphabetisch geordnet sind:

A E K T Z
---------
L S A L E
U Z G T E
M B U G E
R T U T S
G   A

Nun werden die Buchstaben des zu verschlüsselnden Texts spaltenweise ausgelesen: LUMRG SZBT AGUUA LTGT EEES. Auf dieses Zwischenergebnis wird nun das gleiche Verfahren noch einmal angewendet, dieses Mal mit dem zweiten Schlüsselwort. Das Ergebnis ist der Geheimtext.

Die Stasi verwendete für den Doppelwürfel Schlüsselwörter von über 20 Buchstaben Länge. Derart verschlüsselte Botschaften sind selbst mit modernen Computern nur schwer zu knacken (wie es doch funktionieren kann, zeigte vor zwei Jahren der Israeli George Lasry).

Doch wie hat man es in der Zentralstelle für das Chiffrierwesen bereits vor 60 Jahren geschafft, die Guillaume-Nachrichten zu dechiffrieren? Es lag daran, dass die Stasi Fehler machte. So wählten die DDR-Verschlüsselungsexperten als Schlüsselwörter meist Passagen aus bekannten Gedichten und Literaturklassikern. Dies blieb den Kollegen im Westen nicht verborgen. Mit viel Handarbeit suchten sie nach dem jeweils passenden Zitat – und wurden oftmals fündig.

GRANIT

Die in der DDR verwendete Doppelwürfel-Variante, die auch Guillaume nutzte, wurde als GRANIT bezeichnet. GRANIT sah vor, dass man den Klartext in eine Folge von Zahlen umwandelte. In den folgenden Diagrammen wird dies beschrieben (Quelle: MysteryTwister C3).

Granit-01

Granit-02

Granit-03

 

Die GRANIT-Challenges

Wer nun selbst Lust hat, GRANIT-Nachrichten zu knacken, kann dies auf dem Portal MysteryTwister C3 tun. Dort gibt es neben vielen anderen Krypto-Rätseln in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen auch mehrere GRANIT-Challenges. Sie wurden von Jörg Drobick entwickelt, einem Experten für DDR-Verschlüsselungsverfahren. Die obigen Bilder habe ich diesen Challenges entnommen. Das Verfahren wird dort in allen Einzelheiten erklärt – so ausführlich und gut wie sonst nirgends. Insgesamt gibt es sechs GRANIT-Challenges in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden:

Zum Weiterlesen: Krypto-Spion John Walker nach 29-jähriger Haft gestorben

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Wer kann diese Tagebuch-Einträge entschlüsseln?

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Ein Tagebuch aus dem 19. Jahrhundert enthält verschlüsselte Passagen. Kann sie jemand knacken?

Verschlüsselte Tagebücher sind ein spannendes Thema. Die Schriftstellerin Beatrix Potter führte ein solches, genauso wie der Eremit Noah John Rondeau und zahlreiche weitere Personen. Auf meiner Encrypted Book List sind inzwischen über 20 Tagebücher verzeichnet. Sie sind alle gelöst, da die Qualität von Tagebuch-Verschlüsselungen meist nicht besonders hoch ist.

Es gibt auch Tagebücher, in denen nur einzelne Abschnitte verschlüsselt sind. Der tschechische Dichter Karel Hynek Mácha verfasste ein solches, genauso wie der US-Soldat James Malbone.

Auf dem Foto-Portal Flickr bin ich nun auf ein weiteres Tagebuch gestoßen, in dem (mindestens) zwei Passagen verschlüsselt sind (hier ist die Quelle).

Bouic-Diary

Autor des Tagebuchs ist der Rechtsanwalt und Politiker William Veirs Bouic (1846-1906), der in Maryland lebte. Er hat sogar einen Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia. Das Tagebuch entstand während seiner Studienzeit zwischen 1867 und 1870.

Bouic

Das Foto vom Tagebuch wurde von Bouics Ururgroßenkelin eingestellt. Im Begleittext und in den Kommentaren ist von der Verschlüsselung allerdings keine Rede – lediglich von “griechischen Zeichen”. Der Klartext ist nirgends angegeben.

Die obige Abbildung zeigt die beiden letzten Seiten des Tagebuchs. Leider ist mir nicht bekannt, ob auch andere Seiten verschlüsselte Passagen enthalten. Hier ist die erste verschlüsselte Stelle:

Bouic-Diary-1

Und hier die zweite:

Bouic-Diary-2

Schafft es jemand, diese beiden Kryptogramme zu lösen? Vermutlich ist die Verschlüsselung eine einfache Buchstaben-Ersetzung, die durchaus knackbar sein müsste.

Zum Weiterlesen: Der verschlüsselte Tagebuch-Eintrag der Isdal-Frau

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Die rätselhaften Verschlüsselungen des “echten Sherlock Holmes”

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Er war ein reales Vorbild für die Figur des Sherlock Holmes: Der Londoner Detektiv Ignatius Pollaky erlangte im 19. Jahrhundert großes Ansehen und galt als Meister seines Fachs. Seine verschlüsselten Zeitungsanzeigen geben bis heute Rätsel auf.

Sherlock Holmes kennt jeder. Aber wer weiß schon, dass es im 19. Jahrhundert in England tatsächlich einige erfolgreiche Privatdetektive gab? Zweifellos hat sich Sherlock-Holmes-Erfinder Arthur Conan Doyle von diesen inspirieren lassen. Einer der bedeutendsten Detektive des viktorianischen Englands war Ignatius Paul Pollaky. Um diesen geht es in meinem heute erschienenen Artikel in Focus Online.

Pollaky-Focus

Interessant an Pollaky ist, dass er für seine Ermittlungen häufig eine Methode nutzte, die heute einige spannende Rätsel aufgibt: Er schaltete Anzeigen in Zeitungen. Im Buch The Agony Column Codes & Ciphers von Jean Palmer (bürgerlich: Tony Gaffney) sind insgesamt 12 Anzeigen aufgeführt, die erkennbar von Pollaky stammen. Einige der Anzeigen dienten der Werbung, andere der Suche nach Zeugen und wiederum andere waren verschlüsselt. Mehr dazu gibt es im Focus-Online-Artikel oder (etwas ausführlicher) in zwei älteren Artikeln in diesem Blog (siehe hier und hier).

Meines Wissens ist bisher keine der verschlüsselten Anzeigen gelöst. Vielleicht hat ja ein Leser eine Idee.

Zum Weiterlesen: Wer löst die Catokwacopa-Kryptogramme aus dem Jahr 1875?

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Wer knackt die Postkarte des Sitzendorfer Jünglingsvereins?

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Wieder einmal kann ich eine verschlüsselte Postkarte präsentieren. Dieses Mal stammt sie aus Österreich. Die Verschlüsselung sieht ziemlich knifflig aus.

Verschlüsselte Postkarten sind eines meiner Lieblingsthemen in Klausis Krypto Kolumne. Dies liegt nicht zuletzt an der hohen Erfolgsquote, die meine Leser beim Lösen haben. Bisher wurde noch jede verschlüsselte Karte, die ich vorgestellt habe, geknackt. Die einzige Ausnahme betrifft eine Postkarte, die vermutlich nur die Anfangsbuchstaben der jeweiligen Wörter aufführt und daher nicht eindeutig entschlüsselbar ist (siehe hier).

Die heute  betrachtete Karte könnte die Erfolgsbilanz allerdings verschlechtern, denn sie sieht schwieriger aus als die meisten anderen, die ich kenne. Die Karte stammt Österreich, sie wird auf der Web-Seite der Gemeinde Sitzendorf an der Schmida vorgestellt (siehe hier). Das Motiv zeigt den Katholischen Jünglingsverein Edelweiß aus Sitzendorf.

Postcard-Edelweiss-pic

Die Textseite sieht wie folgt aus:

Postcard-Edelweiss

Die Empfängerin ist ein Freulein Hani Auhtried in Gettsdorf (nur wenige Kilometer von Sitzendorf entfernt). Der verschlüsselte Text ist mit F.J.B. unterzeichnet. Erfahrungsgemäß wurden verschlüsselte Postkarten in der Regel von Männern an ihre (heimlichen) Geliebten geschrieben – das könnte auch hier der Fall gewesen sein.

Die meisten verschlüsselten Postkarten wurden mit einer einfachen Buchstaben-Ersetzung chiffriert. Die Verschlüsselung, um die es heute geht, sieht jedoch komplexer aus (obendrein sind einige Buchstaben nur schwer zu erkennen):

Postcard-Edelweiss-Text

Kann jemand in diesem Gewirr von Zahlen und Buchstaben etwas erkennen? Auffällig ist, dass die ersten zwei Zeilen bis auf zwei Gruppen übereinstimmen.

Die Web-Seite, auf der die Karte vorgestellt wird, ist leider nicht datiert. Ich weiß daher nicht, wie lange die Sitzendorfer schon auf die Dechiffrierung dieser verschlüsselten Nachricht warten. Unabhängig davon würde man sich sicherlich über die Lösung freuen.

Zum Weiterlesen: Ein einzigartiger kryptologischer Schatz: 35 verschlüsselte Postkarten aus dem 19. Jahrhundert

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Die rätselhafte Inschrift von Shugborough Hall

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Die Inschrift von Shugborough Hall besteht aus zehn Buchstaben, deren Bedeutung unbekannt ist. Schon viele haben vergeblich versucht, diese Botschaft zu entschlüsseln.

Das englische Landgut Shugborough Hall ist eine Touristenattraktion. Das schlossähnliche Anwesen nahe Wolverhampton bietet neben einer verschwenderischen Einrichtung eine großzügige Parkanlage. In Letzterer steht ein um 1750 errichtetes Denkmal, das als “Shepherd’s Monument” bekannt ist.

Auf dem Shepherd’s Monument ist ein Relief angebracht:

Shugborough-Relief

Schöpfer des Reliefs ist der flämische Bildhauer Peter Scheemaeinkers (1691–1781), der im Auftrag der Besitzerfamilie Anson arbeitete. Das Motiv ist dem Gemälde “Die Hirten von Arkadien” des französischen Malers Nicolas Poussin nachempfunden.

Die Shugborough-Inschrift

Unterhalb des Reliefs befindet sich eine Inschrift, die aus zehn Buchstaben besteht:

Shugborough-Inscription

Transkribiert sieht die Inschrift wie folgt aus:

   O·U·O·S·V·A·V·V
D·                  M·

Es ist nicht bekannt, was diese Buchstaben bedeuten. Man weiß auch nicht, warum die Nachricht auf zwei Zeilen verteilt ist. Unklar ist außerdem, warum auf jeden Buchstaben ein Punkt folgt, außer auf das V am Ende der oberen Zeile. Der Punkt nach dem M wirkt dagegen überflüssig.

Vollkommen unbekannt ist zudem, um welche Art von Verschlüsselung (wenn überhaupt) es sich handelt. Denkbar ist, dass jeder Buchstabe für den Anfang eines Wortes steht (dann wäre es keine echte Verschlüsselung, sondern eine Abkürzung). Allerdings fällt es schwer, im Englischen einen Satz mit zehn Buchstaben zu finden, in dem drei Wörter mit V beginnen.

1987 schlug eine Adlige aus der früheren Besitzerfamilie folgende Worte vor: “Out of your own sweet vale Alicia vanish vanity twixt Deity and Man, thou Shepherdess the way” (“Alicia, du Schäferin, lasse aus deinem kleinen, süßen Tal die Eitelkeit zwischen Gottheit und Mensch verschwinden”). Mit Alicia ist eine vor der Errichtung des Denkmals verstorbene Adlige aus dem Anson Clan gemeint. Damit dieser Satz passt, muss man die letzten acht Wörter und das “of” streichen sowie dem Wort “your” den Buchstaben U zuordnen. Besonders überzeugend finde ich das nicht.

Oder ist der abgekürzte Text auf Latein verfasst? Wenn ja, dann könnte DM für “dis manibus” stehen, was etwa “in Gedenken an” bedeutet und manchmal auf Grabsteinen oder Gedenktafeln zu lesen ist. Doch was bedeuten die anderen acht Buchstaben? Eine Erklärung wäre der lateinische Satz “Optimae Uxori Optimae Sorori Viduus Amantissimus Vovit Vir tutibus” (“Der besten Ehefrau und besten Schwester gelobt ein liebender Witwer aufrichtig”).

Eine andere Erklärung schlug der ehemalige NSA-Linguist Keith Massey vor. Demnach stehen die Buchstaben für “Oro Ut Omnes Sequantur Viam Ad Veram Vitam” (“I bete, dass alle dem Weg zum wahren Leben folgen werden”). Dieser Satz spielt auf auf die Bibel (Joh 14:6) an, wo es heißt: “Ich bin der Weg, denn ich bin die Wahrheit und das Leben.”

Kojotengras

Möglich ist auch eine Verschlüsselung durch Buchstabenersetzung. Allerdings liefert die Software CrypTool 2 für das Wortmuster OUOSVAVV (bzw. ABACDEDD) keinen einzigen Treffer. Gleiches gilt für die Web-Seite Code Penguin. Für DOUOSVAVVM habe ich immerhin ein passendes Wort gefunden: COYOTEWEED (“Kojotengras”).

Oder ist die Buchstabenfolge ein Anagramm (also ein Wort, bei dem die Buchstabenfolge verändert wurde)? Das Verhältnis von Vokalen zu Konsonanten (4:6) passt zwar auf den ersten Blick, allerdings kenne ich kein zehnbuchstabiges Wortin dem drei Vs vorkommen.  Außerdem lassen sich aus V, D, M und S kaum plausible Konsonantenpaare bilden. Daher fällt es schon schwer, aus den zehn Buchstaben überhaupt ein aussprechbares Wort zusammenzustellen. VOMSUVODAV wäre eine Möglichkeit. Lässt man das D und das M weg, dann wird die Aufgabe auch nicht wesentlich einfacher, zumal drei von vier Konsonanten nun Vs sind. VOSUVOVA zählt unter diesen Voraussetzungen noch zu den eleganteren Wortkonstruktionen.

Findet sich vielleicht im Relief ein Hinweis? Dieses ist dem besagten Poussin-Gemälde nachempfunden, allerdings ist die Darstellung spiegelverkehrt (vermutlich hat der Künstler eine Camera Obscura verwendet). Auf dem Original-Gemälde deutet eine Person auf den Buchstaben R des Satzes “Et in arcadia ego” (“Ich bin auch in Arkadien”). Die Hand in Shugborough Hall zeigt dagegen auf das N. Warum der Künstler den Buchstaben änderte, ist nicht bekannt.

Zum Weiterlesen:

Die rätselhaften Bilder und Verschlüsselungen des Charles Dellschau (Teil 1)

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Fall Debosnys: Liefert ein Gedicht den entscheidenden Hinweis?

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Die verschlüsselten Botschaften des Frauenmörders Henry Debosnys sind ein spektakuläres Rätsel. Heute kann ich einen interessanten Ansatz präsentieren, der zur Lösung führen könnte.

Im Frühling des Jahres 1882 tauchte in Essex (US-Bundesstaat New York) ein gewisser Henry Debosnys auf. Debosnys war ein gebildeter Schöngeist, der sechs Sprachen sprach, malte und Gedichte schrieb. Bei Frauen kam er bestens an.

Die Debosnys-Kryptogramme

In der Witwe Elizabeth Wells fand Debosnys schnell eine Geliebte, die er schon nach kurzer Zeit heiratete. Doch bereits zwei Monate nach der Hochzeit wurde Mrs. Debosnys tot aufgefunden – erschossen und mit durchgeschnittener Kehle.

Henry Debosnys war naturgemäß der Hauptverdächtige und wurde festgenommen. Doch er bestritt die Tat. Außerdem behauptete er, dass “Henry Debosnys” nicht sein richtiger Name war, ohne über seine wahre Identität Auskunft zu geben. Schon zwei frühere Ehefrauen von ihm waren unter merkwürdigen Umständen gestorben. War Debosnys also ein Serienmörder? Das Gericht sah den Mord an seiner letzten Frau als erwiesen an. 1883 wurde er gehenkt.

Während seiner Haft fertige Debosnys zahlreiche Bilder, Gedichte und Texte an. Außerdem hatte man ihm einige Unterlagen aus seinem Besitz ins Gefängnis geliefert. In diesem Fundus fanden sich vier verschlüsselte Texte (Kryptogramme). Diese Debosnys-Kryptogramme sind bis heute nicht entschlüsselt.

Scans der vier Kryptogramme gibt es hier (Originalquelle ist die Brewster Memorial Library). Wer mehr über den Fall wissen will, sollte das Buch Adirondack Enigma von Cheri L. Farnsworth lesen.

Ein verschlüsseltes Gedicht?

Heute soll uns nur das vierte Debosnys-Kryptogramm interessieren. Dieses hat das Format eines Gedichts. In den meisten Fällen stimmen sogar die letzten Buchstaben zweier benachbarter Zeilen überein, was auf Reime schließen lässt.

Besonders intressant ist eine Tatsache, die ich bisher noch nicht erwähnt habe (obwohl sie im Buch von Farnsworth steht): Henry Debosnys hat eine “Übersetzung” des Gedichts hinterlassen. Sie steht auf der Rückseite des Blatts, auf dem das Gedicht notiert ist. Allerdings ist diese “Übersetzung” in griechischen Buchstaben verfasst. In der folgenden Abbildung habe ich Gedicht (links) und “Übersetzung” (rechts) nebeneinander gestellt.

Debosnys-Poem

Nun ergeben sich interessante Fragen:

  • Enthält die “Übersetzung” sinnvollen Text (ich kann leider kein Griechisch)?
  • Wenn ja, was steht in der “Übersetzung”?
  • Wenn nein, lässt sich die “Übersetzung” entschlüsseln?
  • Kann die “Übersetzung” dazu beitragen, das vierte Debosnys-Kryptogramm zu knacken?

Hinweise aller Art nehme ich gerne entgegen.

Zum Weiterlesen: Top-25 der ungelösten Verschlüsselungen – Platz 18: Die Bekennerbriefe des Zodiac-Killers

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Wer knackt diese verschlüsselte Stelle aus dem Tagebuch von Lady Gwendolen

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Die britische Autorin und Politikertochter Lady Gwendolen Gascoyne-Cecil verschlüsselte eine (offensichtlich brisante) Passage in Ihrem Tagebuch. Der Klartext ist nicht bekannt.

Der britische Premierminister Robert of Salisbury (1830-1903) war mir zugegebenermaßen bisher kein Begriff. Daher wusste ich auch nicht, dass seine Tochter Lady Gwendolen Gascoyne-Cecil (1860–1945) ein Buch über ihn schrieb und dadurch zu einer gewissen Bekanntheit als Autorin kam. Ganz so bekannt dürfte sie aber doch nicht gewesen sein, denn ich konnte nur ein einziges Bild von ihr finden (Lady Gwendolen ist links dargestellt).

Gwendolen

Blog-Leser Ralf Bülow hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, dass Lady Gewndollen ein interessantes Kryptogramm hinterlassen hat, das noch auf seine Lösung wartet. Die Quelle dafür ist das Buch Wilhelm II. des britischen Historikers John C. G. Röhl (hier ist die entsprechende Stelle).

Der verschlüsselte Tagebuch-Eintrag

Im Jahr 1888, das als Dreikaiserjahr in die Geschichte einging, schrieb Lady Gwendolen in ihrem (ansonsten unverschlüsselten) Tagebuch über eine Person, die sie als “465113, 49359” bezeichnete. Diese Person teilte Gwendolens Vater etwas Wichtiges mit, worauf dieser laut Tagebucheintrag wie folgt reagierte: “S[alisbury] konnte das kaum glauben und war noch mehr schockiert, als ihm klar wurde, dass 535611 58955.” Der Eintrag schließt mit den Worten: “S[alisbury] denkt 48355 36946 unfähig 497316 424219 & 47651–539620.”

Es ist nicht bekannt, was diese verschlüsselten Wörter bedeuten.

Als Lady Gwendolen diesen Tagebuch-Eintrag schrieb, war Kaiser Wilhelm I. (der erste der drei in diesem Jahr regierenden Kaiser) bereits verstorben. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich III. starb wenig später an Kehlkopfkrebs. War es die Nachricht über die schwere Krankheit des neuen Kaisers, die Salisbury schockierte? Das könnte passen, allerdings war Friedrich III. zum Zeitpunkt seines Amtsantritts bereits so schwer erkrankt, dass er nicht mehr sprechen konnte. Sein Leiden war daher eigentlich kein Geheimnis mehr. Im verlinkten Buch von Röhl findet man etwas mehr zu den Hintergründen.

Ist die Verschlüsselung lösbar?

Nach Lage der Dinge könnte Lady Gwendolen zum Verschlüsseln ein Codebuch verwendet haben. Dafür spricht (neben der Tatsache, dass Codebücher damals sehr verbreitet waren) die Tatsache, dass die Zahlenkolonnen für eine Buchstaben-Ersetzung recht kurz wirken. Vermutlich steht daher jede Zahl für ein ganzes Wort oder einen Ausdruck aus mehreren Wörtern. Das folgende Codebuch zeigt, wie dies damals gemacht wurde (statt Zahlengruppen enthält es Buchstabengruppen).

Codebook-Page-2

Vermutlich wird man das Gwendolen-Kryptogramm nur lösen können, wenn man das Codebuch findet. Oder hat jemand eine andere Idee?

Zum Weiterlesen: Soldaten-Tagebuch nach 150 Jahren entschlüsselt

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Wer löst dieses Bilderrätsel aus dem 19. Jahrhundert?

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Im 19. Jahrhundert ließen englische Lotterie-Betreiber einfallsreich gestaltete Werbe-Flugblätter drucken. Eines davon enthält ein Bilderrätsel, dessen Lösung nur teilweise bekannt ist.

Kann man mit kryptologischen Rätseln Werbung machen? Und ob! In Klausis Krypto Kolumne habe ich schon so manches Beispiel vorgestellt. Vor allem die US-Werbespots für das Getränk Ovaltine haben in Kryptologen-Kreisen nahezu Kultstatus.

Im Blog der John Johnson Collection bin ich nun auf zwei weitere kryptologische Werbeaktionen gestoßen. Anscheinend ließen sich die Lotterie-Betreiber im England des 18. und 19. Jahrhunderts einiges einfallen, um ihre Lose an den Mann zu bringen. Ihre Flugblätter (Handbills), die man heute in Museen und Sammlungen bestaunen kann, wirken jedenfalls ziemlich originell. Das folgende Flugblatt von einem Lotterie-Betreiber namens Thomas Bish zeigt beispielsweise ein Bilderrätsel:

Lottery-Handbill-1

Die Lösung des Rätsels lautet laut Johnson-Collection-Blog wie folgt:

MONEY MAKES THE MARE GO.
AS every man would rather go briskly along the road of life, during the time he is upon his journey, and as money is the best spur he can have to quicken the pace of his nag, those who would travel pleasantly should not let the present lucky oportunity pass of soliciting  Fortune by means of a purchase in the New Summer Lottery, which contains only 6,000 Tickets, with Capitals of £ 20,000, £ 10,000, £ 3,000 , &c. &e. All to be drawn in ONE DAY, 25th JUNE.
TICKETS aqnd SHARES are Selling by BISH, 4, Cornhill, and 9, Charing Cross.

Das folgende Lotterie-Bilderrätsel, das im selben Artikel erwähnt wird, ist dagegen laut Blog-Autor Gill Short noch nicht vollständig gelöst:

Lottery-Handbill-2

Die einzelnen Bilder stehen wohl für Städte, in denen Thomas Bish seine Lose verkaufte. Gill Short konnte einige der Städte entschlüsseln, andere sind dagegen noch ungelöst:

1) Cornhill

2) ?

3) Berwick

4) Derby

5) Edinburgh

6) Glasgow

7)  Lincoln’s Inn Fields

8) Newgate Prison (?)

9) Newcastle

10) Derby

11) Aberdeen

12) ?

13) Cork

14) Chesterfield

15) Edinburgh

16) ?

17) ?

18) Norwich

19) ?

20) ?

21) Norwich

22) Gloucester

23) Bristol

24) ?

25) Camberwell

26) Edinburgh

27) ?

28) Penzance

29) Wincanton,

30) ?

31) York

Hat jemand eine Idee, was die ungelösten Bilder bedeuten könnten? Vorschläge nehme ich gerne entgegen.

Zum Weiterlesen: Hieroglyphische Epistel: Wenn der Teufel Gott einen Brief schreibt

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Die zehn besten Krypto-Songs

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Sie haben die Nase voll von “Stille Nacht” und “Oh du Fröhliche”? Kein Problem, hier kommen die zehn besten Songs aus der Welt der Kryptografie.

 

2013 Crypto Rump Session: “Spying NSA”

Kryptologen intonieren “Surfin’ USA” von den Beach Boys mit einem neuen Text. Ob es ein Zufall ist, dass die Kommentarfunktion zu diesem Video bei YouTube gesperrt ist?

 

Keith Burgun: Oh Nine, Eff Nine

Was macht man, wenn die Verbreitung eines Krypto-Schlüssels verboten werden soll? Man schreibt ein Lied, dessen Text aus diesem Schlüssel (in Hexadezimal-Schreibweise) besteht. Mehr dazu gibt es hier.

 

Parkway Chorale: “Puff The Magic Scanner”

Der Parkway Chorale ist ein Chor, der aus NSA-Mitarbeitern besteht. Ihre Lieder zeigen, dass man bei der NSA auch Spaß versteht. Das Lied über den Überwachungsspezialisten namens Puff heißt im Original “Puff The Magic Dragon” und stammt von Peter, Paul and Mary.

 

Natalia Gutierrez Y Angelo: “Better Days”

Ein Lied, in dem ein geheime Botschaft an Entführungsopfer versteckt ist. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, könnte man sie direkt skurril finden. Details dazu gibt es hier.

 

Melancholodic: “Melly Remembers”

In diesem Lied ist eine Nachricht versteckt. Details inklusive der Lösung gibt es hier.

 

Mechanical Black: Together in Electric Dreams

An dieser Version eines Human-League-Hits sind die Kryptologen Bruce Schneier und Elonka Dunin beteiligt. Leider kann man den Gesang der beiden nicht hören – ansonsten wäre dieser Song bestimmt noch fetziger.

 

Eurocrypt 2009 Rump Session: SHA-2 Will Soon Retire

Billy Joel’s “We Didn’t Start The Fire” mit neuem Text, der auf den Hashfunktionen-Wettbewerb anspielt. Auf diese Idee muss man erst einmal kommen. Und dann ist das Ergebnis sogar ein richtiger Ohrwurm

 

Johnny Punish: “NSA Agent”

Selbstverständlich hat auch Eric Snowden längst seine Spuren in der Rockmusik hinterlassen.

 

Moving Picture Instutute: “Bitcoin Girl”

Noch ein Billy-Joel-Hit: “Uptown Girl” in einer Bitcoin-Version.

 

Zhou Tonged: “Bitcoin’s Back”

Und noch einmal Bitcoin. Das Original stammt von Malcolm McLaren.

 

Antithesis: “The Voynich Code”

Auch das Voynich-Manuskript wird längst besungen. Man muss aber schon ein Hardcore-Heavy-Metal-Fan sein, um das zu mögen.

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Ein kryptologischer Jahresrückblick: Verleihung der Goldenen Alice

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Was der Oscar für die Filmbranche, ist die Goldene Alice für die historische Kryptologie. Heute vergebe ich diese Auszeichnung zum dritten Mal.

Was waren die besten Leistungen in der historischen Kryptologie des Jahres 2015? Hier sind meine Favoriten.

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Codeknacken”

Im August dieses Jahres stellte ich auf Klausis Krypto Kolumne einen verschlüsselten Text von US-Präsident James Madison aus dem Jahr 1780 vor. Meines Wissens war dieses Kryptogramm bis dahin ungelöst. Das blieb es jedoch nicht lange. Nur ein paar Stunden nach Veröffentlichung meines Artikels schickte mir Blog-Leser Armin Krauß aus Freiburg die Lösung. Für diese tolle Leistung möchte ich ihm die Goldene Alice in der Rubrik Codeknacken verleihen. Wer Klausis Krypto Kolumne öfters liest, weiß, dass Armin Krauß schon so manchen kniffligen Code geknackt hat. Bereits vor zwei Jahren habe ich ihm deshalb die Goldene Alice in dieser Rubrik verliehen.

Außerdem möchte ich an dieser Stelle noch ein paar andere bemerkenswerte Lösungserfolge erwähnen. So hat Norbert Biermann eine ADFGVX-Nachricht aus dem Ersten Weltkrieg sowie einen Tagebuch-Eintrag von Johann Lavater gelöst, und Kent Ramliden knackte ein schwedisches Tagebuch. Auch George Lasrys hat dieses Jahr wieder zugeschlagen, genauso wie Michael Hörenberg. Zudem wurden zahlreiche Postkarten entschlüsselt. Leider kann ich an dieser Stelle nicht alle erfolgreichen Codeknacker aufführen. Sie alle haben jedoch dazu beigetragen, diesen Blog interessanter zu machen.

Madison-Cryptogram-bar

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Buch”

Leider kann ich den Preis in dieser Kategorie dieses Jahr nicht verleihen, da mir 2015 kein neu erschienenes Buch in die Hände gefallen ist, das sich mit der Kryptologie und ihrer Geschichte beschäftigt (falls ich etwas übersehen haben sollte, bitte melden). Dafür ist mir ein Buch aus dem Jahr 2014 aufgefallen, das ich letztes Jahr übersehen habe: Prisoners, Lovers, and Spies von Kristie Macrakis. Dabei handelt es sich um ein sehr interessantes Sachbuch über die Geschichte der Geheimtinte. Es hätte die Goldene Alice 2014 verdient gehabt.

Prisoners-Lovers-Spies

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Fernsehen”

Auch 2015 gab es wieder interessante Fernsehsendungen, die das Thema Kryptologie (inklusive ihrer Geschichte) behandelten. Besonders gut hat mir eine Dokumentation über den Schweizer Kryptologen André Langie gefallen. Für diese Doku möchte ich dem Schweizer Fernsehen die Goldene Alice 2015 in der Rubrik Fernsehen verleihen. Leider ist die Sendung inzwischen aus der Mediathek verschwunden.

Langie-2-Bar

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Veranstaltung”

Die ohne Zweifel wichtigste Veranstaltung des Jahres zur Kryptologie und ihrer Geschichte war das Cryptoloigic History Symposium im Oktober in den USA. Die bedeutendste Veranstaltung zu diesem Thema in Europa war die “Enigma – Dawn of Digital Civilization” in Warschau. Die wichtigste Veranstaltung in Deutschland war meiner Meinung nach auch dieses Jahr die HAM Radio in Friedrichshafen, bei der Enigma-Experte Tom Perera ein interessantes Vortragsprogramm zur Krypto-Geschichte zusammengestellt hatte. Auch nächstes Jahr wird es bei der HAM Radio wieder ein solches geben.

Insgesamt gibt es in der Rubrik Veranstaltungen sicherlich noch Luft nach oben. So existiert in Europa bisher keine regelmäßige Veranstaltung zur Krypto-Geschichte, die einen ganzen Tag (oder länger) dauert.

NSA-Symposium-Lego-bar

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Verschlüsseltes Buch”

Verschlüsselte Bücher sind eines meiner Lieblingsthemen. Deshalb freue ich mich immer besonders, wenn ein neues Exemplar entdeckt wird. Die Entdeckung des Jahres ist meiner Meinung nach das verschlüsselte Tagebuch von Clas Livijn, auf das mich Ljubica Miočević von der Universität Stockholm aufmerksam gemacht hat. Kent Ramliden konnte es knacken und einige interessante Hintergründe beisteuern. Eine ausführliche Übersicht zum Thema verschlüsselte Bücher gibt es auf meiner Encrypted Book List.

Livijn-Almanach-bar

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Verschlüsselte Postkarte”

Verschlüsselte Postkarten sind ein Dauerbrenner. Die meiner Meinung nach bemerkenswertesten Postkarten, über die ich 2015 berichten konnte, stammen von einem britischen Rugby-Blog. Es handelt sich um vier verschlüsselte Postkarten mit jeweils einem anderen Rugby-Motiv. Tony Gaffney, ein Meister-Codeknacker aus London, konnte alle vier Karten lösen. Hier gibt es die ganze Geschichte.

Postcard-Rugby-bar

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Kryptogramm-Neuentdeckung”

Die wohl spannendste Kryptogramm-Neuentdeckung des Jahres gelang Blog-Leser Karsten Hansky. Für die Entdeckung des Rilke-Kryptogramms, über das ich mehrfach auf Klausis Krypto Kolumne berichtet habe, möchte ich ihm die Goldene Alice verleihen.

Rilke-3-bar

Goldene Alice 2015 in der Kategorie “Kryptogramm-Neuerstellung”

Neu geschaffene Kryptogramme gibt es viele. Besonders spannend finde ich solche, bei denen das Verfahren (z. B. eine historisch interessante Methode) bekannt ist und “nur” der Schlüssel gefunden werden muss. Eine Serie von solchen Kryptogrammen hat Jörg Drobick entwickelt und bei MysteryTwister C3 eingestellt: die GRANIT-Challenges. Dafür möchte ich ihm die Goldene Alice in dieser Rubrik verleihen.

Zum Weiterlesen: Verleihung der Goldenen Alice 2014

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